„Dein Reich komme“

Kleiner Ruf der in den großen Himmel dringt

Elija hat es nicht versäumt, klar und unmißverständlich die Wahrheit zu sagen. Er hat gesprochen, er hat gehandelt. Aber in dieser entscheidenden Stunde steigt er auf den Berg, kniet sich nieder, ruft, in sein Innerstes gesammelt, den großen Durst des Landes, die Trockenheit, in der das Leben erstarrt und verbrennt, in den scheinbar verschlossenen Himmel hinein. Er betet.

Es ist das erste Mal, daß ein Deutscher Katholikentag nicht einen Appell an uns, nicht einen programmatischen Ruf, sondern eine Bitte, ein Gebet zum Leitwort nimmt: „Dein Reich komme!“. Ist es so schlimm um uns bestellt, daß wir sagen müssen: Da hilft nur noch beten!? Ist es schon wieder so weit wie damals, als Reinhold Schneider schrieb: „Allein den Betern kann es noch gelingen, das Schwert ob unsern Häuptern aufzuhalten und diese Weh den richtenden Gewalten durch ein geheiligt' Leben abzuringen.“? Oder erliegen wir der Versuchung, fälliges Handeln durch Beten und Glauben ersetzen zu wollen? Gegenfrage: Ist es vielleicht weniger gefährlich, fälliges Beten durch eigenmächtiges Handeln zu ersetzen?

Die große Trockenheit – wir laufen Gefahr, uns mit ihr abzufinden, uns in ihr einzurichten, sie zu überspielen mit der Geschäftigkeit unseres Handelns und Genießens oder mit der tristen Resignation, daß eben nichts zu machen ist; oder aber wir nehmen Zuflucht zu Praktiken, mit denen wir des entzogenen gottlichen Geheimnisses habhaft werden und so doch selbstmächtig über unsere Zukunft verfügen wollen.

Es gibt eine große Alternative: das Gebet. Aber welches Gebet?

Können wir beten? Vielleicht nicht. Aber wir sind Gebet, sind Schrei nach der Quelle, nach dem lebendigen Gott. Lassen wir das wieder aufbrechen, geben wir dem Raum. Helfen wir uns dabei gegenseitig.

[91] Und es gibt Einen, der in der Tat uns hilft. Einen, der für uns und mit uns betet, der seinen Geist in unser Herz legt, auf daß er in uns rufe: Abba, Vater! Dein Reich komme!

Dieser Jesus hat unsere Trockenheit zum Himmel geschrieen am Kreuz: „Mich dürstet!“ Und er macht offenbar, was für ein Durst das ist: „Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“. Mit Jesus, in Jesus können wir, die Fernen und die Nahen, jene, die in der großen Trockenheit dürsten, aber auch jene, die im Glauben geborgen und so gerade gesandt sind, die Trockenheit der andern zu teilen, miteinander beten: „Dein Reich komme!“.

Das Größte, was wir vermögen, ist der kleine Ruf, der in den großen Himmel dringt.