Bischof Klaus Hemmerle – ein Maler

Küstenlandschaft bei Alghero, Sardinien

Der Maler muß von diesem senkrecht aus dem Meer und schroff herausragenden Fels fasziniert gewesen sein, er hat ihn immer wieder gemalt. Hier setzt er ihn in die Bildmitte, er scheidet Land und Meer. Er ist zusammen mit der Horizontale der Meeresoberfläche das Koordinatenkreuz, auf das sich alles hinordnet. Die amorphen Formen des Wolkengebirges scheinen diesen geometrisch strengen Halt zu benötigen, um nicht dem Chaos anheim zu fallen. Auf diese Weise wird deutlich, wie die Wetterfront von rechts nach links ins Bild zieht und in Gegenrichtung Lichtbündel schräg nach unten durch die Wolken dringen. Man spürt, daß sich das Wolkenbild im nächsten Augenblick verändern wird und immer so fort. Das ist die dynamische Malweise, die nicht minuziös plant, sondern lieber der Hand freien Lauf läßt, um dem malenden Pinsel die Dynamik des Körpers mitzuteilen. Dies ist auch die Art, wie der Maler am direktesten seine Stimmung dem Betrachter mitteilt. Dieser selbst sollte zu verspüren versuchen, wie hier aus wenigen Farben und wenigen Abstufungen eine heitere Lebendigkeit entsteht. Dem dynamischen Wolkenspiel liegt die vom Abendrot gefärbte Fläche des Meeres gegenüber als ein notwendiger und bewußt gesetzter Kontrast in der Ruhe und Wärme des Abends. Der unscharf belassene Vordergrund ordnet sich da nur noch als Rahmen unter, vor diesem Geschehen von Dynamik und Ruhe und vermittelt in die ferne Tiefe dieser Landschaft, die eigentlich ein Raum ist. Denn die Unendlichkeit des Himmels ist verhüllt, ihr Geheimnis liegt außerhalb des hier Sichtbaren. Da ist also ein ganz und gar immanenter Raum entstanden, voller Lebensfreude, wenngleich kein Lebewesen zu entdecken ist, gemalt von einem Menschen – es kann nicht anders sein – der diese Welt über alle Sinne und mit allen Fasern seines Herzens liebt.