Volk Gottes auf dem Weg

Licht in der Glaubenskrise

Mögen die letzten Überlegungen ein wenig abstrakt geklungen haben, so hängt an ihnen doch Wichtiges für die allenthalben beklagte Glau­benskrise unserer Tage. Sie hängt nicht zuletzt an der Unsicherheit, die den modernen Menschen angesichts der biblischen Texte überfällt. Ist es wirklich so gewesen? Gibt es so etwas? Kann man das beweisen! Auf allen Ebenen, vom Illustriertenleser bis hin zum Gelehrten, beunruhigen diese Fragen den Menschen unserer Zeit. Das Geschäft historisch-kritischen Sicherns der biblischen Aussagen scheint nicht viel an unbezweifelbaren Tatbeständen übrig zu lassen; das meiste und nicht das Unwichtigste, was uns vom Leben Jesu be- [12] richtet ist, hat seine Gestaltung und Deutung – so entsteht der Ein­druck – erst nach Ostern, in der Urgemeinde der Glaubenden erhalten. Wenn aber bedacht wird, daß Jesu Leben „Wort“ ist, Ereignis, das etwas sagen will, dann gehören jene dazu, denen dieses Wort etwas gesagt hat, jene, die es zuerst im Glauben vernommen haben: die Zeugen gewinnen aktive Bedeutung. Der Raum des Wortes ist das Hören, die Antwort, das Gespräch. Erst im Gespräch des Glaubens geht das Wort auf, das Jesus in dieses Gespräch hinein, es stiftend und anstoßend, gesprochen hat. Erst wo dieses Wort aber aufgeht, geht auch das Ereignis auf, das Geschehen, die „Tatsache“; ohne dieses Wort wären sie blind, sinnlos, nichtig. Das Christentum läßt sich nicht beweisen, indem man den Raum des Glaubens von seinen Urtatsachen abschneidet, in den hinein sie geschehen und in den sie aufgegangen sind. Nur ein Sich-Aufschließen für das „Wort“ in den Ereignissen kann diese selbst uns unbedingt glaubhaft, als Grund unseres Glaubens eröffnen. Gerade deshalb aber gibt es keinen Glauben ohne den Raum des Wortes, der Raum des Wortes aber ist die Kirche.