Glauben – wie geht das?

Liebe, wie geht das?

Kehren wir zurück zu unserer Grundfrage: Glauben – wie geht das? Glaube geht, indem er in der Liebe wirksam wird; so können wir die Formel des Galaterbriefs anwenden. Wie aber geht diese Liebe? Versuchen wir ihren Gang in sieben Stichworten uns plastisch vor Augen zu stellen.

[67] 1. Alle lieben! Gottes Liebe kennt keine Ausnahme. Solange ich einen von meiner Liebe ausschließe, liebe ich nicht. Liebe ist unteilbar.

  1. Immer lieben! Liebe ist keine Sonderaktion, kein Gipfel sittlicher Anstrengung oder geistlicher Ergriffenheit. Liebe muß vielmehr Wesens- und Lebensform werden. Sie kennt keine Ferien, sie kennt so wenig Unterbrechungen, wie das Leben Unterbrechungen duldet.

  2. Immer als erster lieben! Liebe ist so sehr Gottes Wesen, daß ich nur dann liebe, wenn ich wie er grundlos, als erster liebe. Liebe findet nur statt, wenn ich anfange und nicht warte, bis die Voraussetzungen erfüllt sind. Liebe fängt nur mit der Liebe an.

  3. Lieben bis zum Ende, bis zum äußersten! Liebe kennt kein: bis hierhin und nicht weiter. Es gibt keine Erkenntnis und keine Erfahrung, welche die Liebe falsifizieren könnten. Der Tod hat scheinbar die Liebe Jesu falsifiziert – und gerade deshalb und gerade seither hat die Liebe immer recht. Liebe bewahrt freilich nicht vor dem Tod oder der Erfolglosigkeit; vielmehr gilt: „Wenn ich erhöht bin, werde ich alle an mich ziehen“ (Joh 12,32). Erst im Sterben kommt die Liebe zu ihrem radikalen neuen Anfang, zur Auferweckung, zur Fruchtbarkeit. Grundgesetz der Liebe ist das Gesetz vom Samenkorn (vgl. Joh 12,24).

  4. Lieben, ohne etwas zu erwarten! Liebe erwartet nicht, Liebe benutzt den anderen nicht, sondern Liebe schenkt einfach, absichtslos. Was bei der Liebe herauskommt, ist allein Gottes Sache. Kein Brosamen Liebe kann verlorengehen, denn Gott ist Liebe. Doch welche Frucht die Liebe bringt, dürfen wir getrost Gott und der Freiheit dessen, dem die Liebe gilt, überlassen. Ich aber soll lieben!

  5. Nicht erst erkennen, sondern erst lieben! Nur die Liebe erkennt, nur die Liebe findet zur Wahrheit. Seit Gott geliebt hat bis zum äußersten und weil Gott Liebe ist, gibt es keine Wahrheit, die nicht Liebe wäre.

[68] 7. Nicht Liebe „haben“, sondern Liebe „sein“! Es geht nicht an, dazusein und meine Eigenschaften zu haben und unter ihnen auch die Eigenschaft Liebe. Liebe ist nur da, wo sie mich in sich verwandelt, wo sie der Rhythmus, der Gang, die Mitte meines Lebens und Wesens wird. So erst liebe ich, wie Gott liebt, wie Jesus liebt.