Zwischen Bistum und Gesamtkirche

Momente: Intensität, Universalität, Kommunikation

Ziehen wir das Fazit. Kirche lebt hier und jetzt, Kirche lebt im Ganzen der Welt als Gemeinschaft aller Glaubenden. Beides muß an jedem Punkte, in jeder Dimension von Kirche zugleich präsent sein. Dann aber ergeben sich drei Momente, die als Zielwerte für kirchliche Strukturfragen zu gelten [27] haben: Intensität, Universalität, Kommunikation. Entscheidend ist die Integrität und gegenseitige Integrierung dieser drei Momente.

Es wäre ein naheliegendes Mißverständnis, die beiden ersten dieser Momente nur als die abstrakte Fassung von Gemeinde und Gesamtkirche zu deuten. Zwar haben in der Tat diese Momente dort ihren jeweiligen Schwerpunkt, aber es kommt darauf an, daß an beiden Polen, in der Gemeinde und in der Gesamtkirche, alle Momente präsent sind; somit spielt aber auch die Kommunikation nicht nur zwischen Gemeinde und Gesamtkirche, sondern auch in ihnen.

Wie läßt sich das Profil dieser drei Momente im einzelnen zeichnen?

a) Intensität: Nur in der Konzentration des ganzen Daseins und Mitseins auf Jesus vermag er sich als Zentrum, als Mitte zu bewähren. Daß er sich mir ganz gegeben hat, kommt nur ganz an, wenn er nicht bei meinem isolierten Dasein ankommt, sondern in den Bezügen, in denen ich mich selbst übersteige und darin gerade selbst bin. Alles, was er ist und was er hat, will durch seinen Geist, durch sein Wort, durch seine Sendung, durch seine Sakramente hineinreichen in menschliches Dasein und Mitsein. Es muß als solches von Jesus Christus her gestaltet und umgestaltet werden können.

b) Universalität: Wenn aber Jesus als er selbst, mit allen Dimensionen, die zu seinem Dasein und Mitsein gehören, in der Geschichte ankommen will, dann muß auch in der Weise, wie er in mein Leben und in den Kreis meines intensiven Mitseins mit anderen hineinreicht, offenbar, ja „realisiert“ werden, daß er der Jesus „für alle“ ist. Es gehört zur Intensität, daß sie sich von innen aufsprengt zur Universalität. Die Universalität, die den einzelnen Glaubenden je über seinen eigenen Kreis hinaus ins Ganze öffnet, lebt aber umgekehrt vom Interesse, daß nicht nur alle objektiv etwas von Jesus „mitbekommen“, sondern daß sie die Intensität des Seins in ihm, des Mitseins mit ihm erfahren. Die Relativierung der eigenen Intensität durch die Dimension der Universalität bedeutet gerade Steigerung der Intensität.

c) Kommunikation: Die gegenseitige Integrierung des polar Entgegengesetzten, der Intensität und der Universalität, ist gerade die Kommunikation. Sie meint, paradox formuliert, daß Intensität wächst, indem sie sich verschenkt, daß Universalität lebt, indem sie nicht „Endstation“ ist, sondern zu je neuer Intensität des Lebens führt. Dies gilt, wie bereits angedeutet, nicht nur zwischen dem kleinen Kreis bzw. der Gemeinde und dem Gesamten, es gilt auf jeder Ebene des Mitseins: auch der einzelne gewinnt sein Verhältnis zu Jesus nur, indem er es verliert, es dem anderen verschenkend und es zum anderen hin öffnend. Kommunikation ist das je Mehr der Gegenwart Jesu zwischen Menschen gegenüber seiner Gegenwart bloß in mir oder dir.

Kommunikation hat aber auch eine „Außendimension“. Sinn von Kirche ist es doch, in der communio die missio Christi an die Welt zu vollbringen und umgekehrt die Eingliederung der ganzen Menschheit in Christus ge- [28] schichtlich darzustellen und wirksam werden zu lassen. Darum gehört auf jeder Ebene von Kirche auch die Kommunikation zwischen Kirche und Welt zu ihrem Selbstvollzug. Nur so, in dieser Weggabe „nach außen“ und Annahme des Außen, gewinnt die Intensität von Kirche vollends die ihr zugehörige Universalität – auch das Moment Universalität erhält dadurch eine neue Dimension.