Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken und die Diözesen
Öffnung zur Ökumene und zur Gesellschaft
Dialog und Zusammenarbeit in der Kirche wären nicht richtig verstanden und nicht richtig beschrieben, bliebe man dabei im „Innerkirchlichen“ stehen.
Das Ökumenische Gespräch, der gemeinsame Dienst der in verschiedene Kirchen getrennten Christen, das Zugehen der Kirchen aufeinander ist eines der Zeichen der Zeit. Gerade diese Situation macht es aber notwendig, daß es auch andere Ebenen des Gespräches und der Zusammenarbeit gibt als die „kirchenamtliche“ einerseits und die der privatinformellen Kontakte andererseits. Gerade dort, wo verschiedene Gruppen und Kräfte innerhalb der jeweiligen Kirche sich treffen und verbinden, ist auch die Stelle, gemeinsam über die eigenen Grenzen hinauszusehen und hinauszugehen. Das Erproben des Bodens für gemeinsame und zusammenführende Wege, die gemeinsame Analyse der gemeinsamen Situation des Glaubens in dieser Gesellschaft, die gemeinsame Suche nach Konsequenzen aus dieser Situation und der gemeinsame Einsatz in gemeinsamen Anforderungen des Christseins und Menschseins heute: solches verlangt nach Partnern, die das vielfältige Leben ihrer eigenen Kirche einbringen, ohne jeweils bereits „im Namen“ der Kirche zu sprechen.
In der ganz anderen Dimension des Dialogs und der Kooperation mit Gruppen und Kräften der Gesellschaft gilt dasselbe. Die „mittlere Ebene“ ist auch in dieser Beziehung angefordert. Kirche darf in der Gesellschaft nicht nur präsent sein als die verfaßte Einheit des Glaubens, der Sakramente und der Leitung, sondern als gesellschaftliche Kraft unter gesellschaftlichen Kräften. Es geht um die „Übersetzung“ dessen, was in der Gesellschaft als ganzer lebt, ins Leben der Kirche und um die „Übersetzung“ der vom Evangelium und von der gemeinsamen christlichen Verantwortung entbundenen Kraft und Sicht für die Aufgaben und Fragen der Gesellschaft ins Leben der Gesellschaft hinein. Solche Übersetzung bedarf einer Gemeinschaft derer, denen es in [114] der Kirche gemeinsam um das christliche Zeugnis in der Gesellschaft und um diese Gesellschaft selbst geht.
Beide Hinweise – der auf die ökumenische und der auf die gesellschaftliche Dimension kirchlichen Lebens heute – sind nicht so zu verstehen, als ob „die Kirche“ als solche nur in ihrer amtlich-rechtlichen Verfaßtheit bestände und als ob „sie selbst“ sich dann tunlichst heraushalten sollte aus dem Dialog mit den „anderen“. Nein, wo in der Einheit des Glaubens, der Sakramente und der Leitung Christen sich versammeln, um miteinander als Christen zu sprechen und zu handeln, da ist Kirche; und die Einheit aller Christen und die Begegnung mit der Gesellschaft, der Dienst an ihr und mit ihr am Menschen sind auch „amtliche“ Aufgabe der Kirche. Doch die Aufgabe und die Fähigkeit des Amtes, sein verbindend-verbindlich die kirchliche Einheit gewährender Dienst, erschöpfen nicht Aufgabe, Fähigkeit und Dienst der Kirche selbst, der Vielfalt ihres Lebens und Wirkens, aus der das Substrat kirchlicher Einheit, ihr lebendiger „Stoff“ sich bildet. Dieser lebendige Stoff kirchlichen Lebens ist durch und durch Leben mit den anderen und für die anderen, wenn die Kirche als ganze, aus ihrer sie im Ganzen bestimmenden Sendung heraus, Gottes Dasein mit den Menschen und für die Menschen darzustellen und zu vollbringen hat.