Der Religionsunterricht als Vermittlungsgeschehen

Offenbarung: Gotteswort im Menschenwort*

Einmal ist es theologisch klar, daß es ein Gotteswort neben dem Menschenwort, außer dem Menschenwort und vor dem Menschenwort nicht gibt, sondern das Wort Gottes ist immer ein sich relativierendes, weil sich korrelierendes – mit dem Menschen und seinem Reden und Verstehen. Gott kann nicht jenseits der menschlichen Sprache sprechen. Es geht gar nicht, denn was sein Wort, das alle menschliche Sagbarkeit übersteigt, in sich trägt, kann nur konkret [371] [gesagt] werden, indem es Wort an den Menschen ist und deswegen [im Menschen] ein Widerlager und somit eine Korrelation findet.

Gotteswort begegnet im Menschenwort – und dies ist nicht ein Defizit, sondern theologische Aussage. Gott ist derjenige, der von seinem Wesen her sich unterbieten muß in den Menschen hinein. Es gehört zu ihm, denn er liebt ja den Menschen. Er will sich ihm mitteilen und will deswegen den Menschen so, wie er ist, in seiner Situation. Und deswegen spricht das Wort Gottes, so fremd und so provozierend und so andersartig es ist, in diese Situation hinein, indem es sie annimmt, aufnimmt, sich ihr aussetzt.

Wir sehen das Antlitz Gottes nur im menschlichen Antlitz Jesu. Damit ist nicht etwas gesagt über die vielen anderen Weisen in der Menschheitsgeschichte, sich Gott zu nahen. Aber die verbindliche, heilsverbindliche Zusage, die alle diese vielen Aussagen und Aussagemöglichkeiten mit umspannt, geschieht eben im menschlichen Antlitz Jesu.

Es wäre unmöglich, daß das Christentum eine Buchreligion von Anfang an wäre. Es kann nur eine Buchreligion aus einer [Traditions-, Tradierungs-, Kommunikationssituation] heraus sein. Da ist es selbstverständlich, daß ich, wenn ich Gottes Wort verstehen will, in ihm selber auch jene menschliche Situation verstehen muß, in die es [so hineingesprochen ist, wie es gesprochen] ist, und daß ich dann von ihr her den Blick wage in unsere Situation und dann in dieser, unserer Situation eben tatsächlich neue Erfahrungen, neue Fragen, neue Erfahrensmöglichkeiten entdecke und in sie hinein formuliere. Diese Verschränkung von Gotteswort und Menschenwort ist ein theologisches Grunddatum, und dies kommt in der Korrelationstheorie zur Geltung.