Oikonomia
Oikonomia im Neuen Testament*
Ökonomie: das erinnert zu Recht von seinem Ursprung und gängigen Gebrauch im Griechischen eher an den Bereich der Wirtschaft als an jenen der Architektur. Wörtlich übersetzt heißt es: Hausgesetzlichkeit, wobei Gesetzlichkeit ein problematisches Wort ist, weil es auf νέμειν (Zuteilen des Weideplatzes) zurückgeht. Gesetz ist im Griechischen verankert in den Vollzügen des Zuteilens, Zuweisens, Fügens, so daß ein Gefüge entsteht. Das Hausgefüge, die Dienste, welche das Wohnen miteinander und Leben miteinander in eine Übersicht und Ordnung bringen, das ist die Ökonomie.
Im Neuen Testament bezeichnet das Wort οἰκονομία außer diesem Bereich der (wirtschaftlich orientierten) Verwaltung (vgl. Lk 16,2–4) den anderen des Amtes im Hause Gottes, der Verwaltung der Gnadengabe Gottes für jene, die aus ihr leben und in ihr Gemeinschaft bilden (vgl. bes. 1 Kor 9,17; in etwa Eph 3,2; Kol 1,25). Doch die Stellen aus dem Epheser- und Kolosserbrief weisen zusammen mit einer aus dem ersten Timotheusbrief (1 Tim 1,4) bereits in jenen anderen Zusammenhang, der insgesamt für den Epheserbrief kennzeichnend [306] wird und dann auch bei den Vätern durchschlägt (bes. bei Ignatius von Antiochien und Origenes). In Eph 1,10 und 3,9 hebt sich οἰκονομία vom Tun eines Verwalters ab in jene Vorsehung, in jenen fügenden Zusammenblick und waltenden Willen dessen, der die Geschichte in Händen hält, aus welchen Geschichte als Heilsgeschichte wächst. Das Wort Heilsplan mag zu statisch, das Wort Verwaltung des Heilsplans oder Anordnung zu aktivistisch oder funktionalistisch erscheinen, um das einzufangen, was neutestamentlich mit οἰκονομία gemeint ist. Man könnte am ehesten davon sprechen, den unmittelbaren Zusammenhang in den Kontext erweiternd, daß es sich hier um die Frage handelt: Wie kommt das Mysterium Gottes in die Geschichte? Dieses Kommen des Mysteriums Gottes in die Geschichte ist selber göttliches Mysterium - und ist zugleich Geschichte. Vermittlung von Mysterium und Geschichte – das Wohnen der Geschichte als Geschichte im Mysterium der liebenden Selbstmitteilung Gottes; diese liebende Selbstmitteilung Gottes als etwas, das Geschichte werden, sich den Menschen in der Geschichte mitteilen, ihre Unheilsgeschichte wenden und verwandeln will, darum geht es in der οἰκονομία. In ihr dreht sich das nach außen, was das Innerste Gottes ist, das Unaussprechliche wird aus seiner inneren Dynamik heraus „Erzählung“, Geschehen, und zwar Geschehen als göttlich gefügte Mitteilung, daß Gott diese Geschichte durchdringt, vollendet, den Menschen in ihr Anteil gibt an sich, an seinem Geheimnis. Es ist kein Vorwurf, sondern wenigstens zum Teil in der Sache begründet, wenn auch objektiv bedauerlich, wenn etwa in der Einheitsübersetzung des Neuen Testaments an keiner der entscheidenden Stellen zu identifizieren ist, daß hier dieses theologisch geladene Wort οἰκονομία im Urtext vorkommt. Es wird als Wort des Geschehens schier nivelliert oder auf das Amt als solches fixiert.