Das Neue ist älter

Omne ens est unum

Im Licht solcher Wahrheit, im Licht dieses Geheimnisses des Heiligen betrachtet, erfolgt unter den Transzendentalien eine merkwürdige Verschiebung. An die Stelle des „ens“ tritt das „unum“, an die Stelle des Seienden das Eine. Allerdings müßte das Wort „eins“ ausgelegt werden als „einend“ bzw. als „geeint“. Weder substantielle Vorhandenheit noch geistiger Selbstbesitz oder geistige Selbstvermittlung sind in einem vom Ursprung Liebe her geprägten Denken mehr das, was der Name Sein als Erstes und Ursprünglichstes assoziiert. Auch Proportionalität, in sich schwebendes Verhältnis, trifft nicht die anfängliche Intuition. Eher schon das Wort actus, Aktualität. Aber Aktualität als Mitteilung. Es gibt nicht einen in sich stehenden Gott, der Vorgang wäre oder Aufgang, ohne gleich anfänglich Zugang zu sein, will sagen Zugehen auf, Zeugung, Mitteilung, stiftende und dann verdankende Beziehung. Wenn Gottes Dreifaltigkeit nicht später kommt als sein Sein, wenn dieses Sein selber Liebe ist, Liebe selber aber nichts anderes ist als ihr dreifaltiges Geschehen: dann ist der Vorgang von Sein eben Mitteilung, die nicht Teilung ist, sondern Einung, dann ist, was ist, nur in solchem Vorgang von Einung. Seiend heißt einend bzw. geeint. Alles, was ist, ist geeint mit dem Einenden und darin mit sich selbst. Die Teilhabe, durch welche alles, was nicht das Sein selber ist, am Sein teilhat, ist nichts, was zu seinem Sein als eine Bestimmung und Auslegung hinzugedacht werden kann, die Teilgabe, durch welche das Sein selbst sich überschreitet, ist nichts anderes als es selbst: Sein selber ist solches Partizipationsgeschehen, und dies von allem Anfang an. Sein selber – so können wir es anders ausdrücken – ist communio, communio freilich, die ihre Pole nicht auslöscht, sondern konstituiert. Einheit nach außen ist Einheit nach innen – so ist Einheit Sein. Sein und Einheit sind nicht nur konvertibel; der Gesichtspunkt, unter dem Sein als Sein aufgeht, ist jener der Einheit, Einheit eben verstanden als communio, als Einung, in welcher nur das, was eint und geeint wird, selber ist und also eins ist.

Geeintwerden kann freilich hier nichts nur Passives bedeuten. Sowenig wie eben Sein etwas nur Passives bedeutet. Auch was sein Sein empfängt, ist eben, geht auf, geht über sich, erscheint. Was nur ist, indem es mit der Quelle des Seins geeint ist, empfängt darin im Ansatz etwas wie Ursprünglichkeit. Alles, was ist ist in dem Sinn und Ausmaß, in welchem es Ursprung ist, also ausstrahlt, Einheit „stiftet“. Synthese nach innen in der Mitteilung nach außen, das ist die Struktur eines jeden Aktes von Sein einer jeden Teilhabe am Sein.