Orden und Jugend im Lebensraum der Kirche
Orden und Jugend im Lebensraum der Kirche
Das Thema „Orden und Jugend“ ist für beide Seiten bedeutsam, für die Jugend wie für die Orden. Es darf uns bei diesem Thema nicht um Taktik gehen: Wie müssen wir uns geben, wie müssen wir uns anpassen, wie müssen wir Reklame machen, damit die Zahl der Eintritte junger Menschen wieder wächst? Natürlich ist zu wünschen, daß mehr junge Menschen den Ruf Gottes zum Leben in unseren Orden und Gemeinschaften entdecken. Aber vielleicht ist es zunächst einmal notwendig, einfach uns selber, unsere Berufung neu zu entdecken im Angesicht der Jugend, wie sie ist. Die Situation der Jugend ist eine Herausforderung an uns, vor Gott nach unserer „Identität“, nach dem fragen, wie er uns will, was er von uns will.
Und umgekehrt soll es uns nicht um den Eintritt der Jugend bei uns, sondern um die jungen Menschen selber gehen. „Nicht das Eure suche ich, sondern Euch!“ (2 Kor 12,14).
Wir selbst, unsere Berufung – angesichts der Jugend. Die jungen Menschen selbst, ihr Leben und ihre Zukunft – angesichts unseres Lebens und unserer Berufung als Orden. Das ist das Thema.
Es mag aufs erste sonderbar erscheinen, daß diese beiden Größen, Jugend und Orden, jede für die andere, als Spiegel, als „Fundort“ für die eigene Identität einander gegenübergestellt werden. Ein Blick in die Geschichte kann uns dies jedoch in etwa erschließen. Die großen Aufbrüche der Orden und ihre Erneuerung – es genügt, an einen Bernhard von Clairvaux und einen Franz von Assisi zu erinnern – waren zugleich Aufbrüche der Jugend. Ein ungewöhnlicher Ruf – junge Menschen waren für ihn besonders sensibel – so entstand eine Bewegung, die hineinwirkte in Gesellschaft und Kirche. Eine „Phänome- [2] nologie“ der Orden und eine „Phänomenologie“ der Jugend ließen im Vergleich feststellen: Die Momente, die das' Ordensein der Orden konstituieren, sind dieselben, die auch das Jugendsein der Jugend konstituieren. Das klingt abstrakt und philosophisch, wenn man aber die Sache am Leben gegenliest, gewinnt sie Kontur und Farbe.
Unterziehen wir uns der Mühe, Grundzüge einer solchen Phänomenologie der Orden und der Jugend zu erheben und daraus Konsequenzen zu ziehen. Um den Mitgang zu erleichtern, möchte ich zunächst eine schematische Aufgliederung des folgenden Gedankens geben. Wir wollen uns zuerst fragen nach der inneren „Verwandtschaft“ zwischen dem Eigenen der Orden und dem Eigenen der Jugend. Wir wollen hernach einen Blick werfen auf die Krise der Jugend heute und sie verstehen lernen als eine Krise des Jungseins, des Jugendseins selber. In einem dritten Teil wollen wir, die spezifischen Nöte und Anfechtungen der Orden in unserer Situation anvisieren, um in einem abschließenden vierten Teil konkrete Folgerungen daraus zu ziehen.
Diese vier Durchgänge sollen jeweils in sich nochmals vierfach gegliedert werden, gemäß vier Momenten, die wir am Spezifischen der Orden .und der Jugend ablesen: a) Je mehr, je größer: Zukunft; b) Je neu, je jetzt. Gegenwart; c) Mut zur Mitte, Absprung nach innen; d) Andere Gemeinschaft.