Christus nachgehen

Positive Faktoren, Anknüpfungspunkte für den Glauben

a) Jesus wird als jener Freund und jenes Vorbild erfahren, dessen in seiner Einsamkeit und Unsicherheit der junge Mensch bedarf. – Über eine modische „Jesuswelle“ hinaus bewahrt die Gestalt Jesu ihre Anziehungskraft gerade für den jungen Menschen. Die Erfahrung mit Jesus aber ist – dies ist wenigstens ein erster Zug an ihr – die Erfahrung von Nähe. Solche Nähe braucht der Mensch in der Anonymität technischer Massengesellschaft und ihrer Zwänge besonders. Dessen Nachfolgeruf überfordert, dessen Anspruch zu erdrücken droht, er ist doch zugleich jener, in dessen Botschaft und Zuspruch der junge Mensch sich verstanden und angenommen findet – Bedingung für sein Menschsein und seine Freiheit. Wo im Namen Jesu solche Nähe und solches Verstehen ihm angeboten wird, da wird ihm am ehesten Kirche wieder anziehend.

b) Die Haltung Jesu, der in jedem, auch im Fernsten und Fremdesten, den Nächsten sieht, und der Impuls der Kirche, weltweite Begegnung, übergreifende Einheit zu stiften, haben eine Magnetwirkung für junge Menschen. – Sie suchen nach Kräften der Einheit und des Friedens und erwarten hier von Christentum und Kirche einen entscheidenden Beitrag für eine neue Menschheit.

[26] c) Menschen, die sich im Namen Jesu begegnen, versöhnen und miteinander in seinem Wort Gemeinschaft finden, Zellen lebendiger communio, sind eine glaubwürdige Gestalt von Kirche für junge Menschen. – Sie suchen nach einer Alternative sowohl zur individuellen Isolierung wie auch zur anonymen Vermassung und bloß funktionalen, institutionellen Gleichschaltung.

d) Statt Resignation und Verzweiflung einerseits, statt schnellebiger, sich selbst überholender Hoffnungen andererseits fragt der junge Mensch nach einer Hoffnung, die ihn über das Wechselspiel seiner Chancen hinaus zur Zukunft befähigt: Jesus als Weg in die Zukunft, Kirche als Gemeinschaft der Hoffnung. – Nur eine solche Hoffnung rettet letztlich vor der Flucht aus der Gegenwart in den Traum, in die Droge, in die Gewalttätigkeit, die auf ihre Weise den Ausfall erfüllter Gegenwart zu kompensieren sucht.

e) Solidarisches Mittragen der Nöte aller, Mitleiden im Geist und nach dem Beispiel Jesu, Kirche als Anwalt und Freund des Menschen in seiner Ohnmacht: dies sind teils Erfahrungen der Jugend mit Kirche, teils kritische, aber erwartungsvolle Postulate an sie. – Im Leiden als Mitleiden, im Tragen der Last des anderen, in der Befähigung zur „Fußwaschung“, zum Dienst, in der Anziehungskraft dienender und hel- [27] fender Gestalten christlicher Liebe hat das Kreuz also doch seinen Ort in der Mentalität der jungen Generation.

f) Die Kirche der Ohnmacht, der „armen Mittel“, im Angebot eines alternativen Lebensstiles und somit – gegen allen anderen Anschein – im Exempel der evangelischen Räte wird der Kirche eine Zeugnisfunktion von der jungen Generation zuerkannt. – Die vielen Aufbrüche spiritueller Art, die heute in der Christenheit leben, sprechen viele junge Menschen an.