Sprechen von Gott

Siebte These:

Schweigen von Gott kann eine fundamentale Weise sein, ihn zur Sprache zu bringen.

Wenn das Sprechende im Sprechen Gottes er selbst, sein Dasein ist und wenn das Sprechende des Menschen, der von Gott spricht, auch nur sein Dasein selbst zu sein vermag, dann ist hierin zwar das Wort als die Mitteilung von Gott nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern in seiner Bedeutung gesteigert – das Wort erfordert das Gewicht des Daseins, und es ist gerade dem Wort eigen, nicht nur Zeichen eines Gedankens, sondern Mitteilung und Eröffnung dessen, der spricht, selbst zu sein –; doch das Wort wird zugleich relativiert: es ist nicht die einzig mögliche Weise der Mitteilung von Gott. Wo Gott nur als Vokabel erscheint, die ein gedachtes Unbedingtes in einem System von Vorstellungen oder Begriffen bezeichnet, droht Sprechen von Gott zur Verstellung Gottes zu führen. Und wo beim Menschen die Fähigkeit zu jenem Stillwerden blockiert ist, in dem Gott als Gott allererst aufgehen kann, droht das Wort ihm Gott eher zu verschließen als zu öffnen. Es kann der Fall sein, daß der Dienst des Daseins allein die Wege des Verstehens ebnet, auf denen Gott mit seinem Dasein das Dasein des Menschen anrührt. Die Geschichte geistlichen Lebens und christlicher Mission zeigt hierfür eindringliche Beispiele – es soll hier genügen, auf Charles de Foucauld und seine Spiritualität zu verweisen. Solches Schweigen vor Gott ist alles eher als Strategie oder Taktik, es ist Gehorsam gegenüber dem Beispiel Jesu, der uns das entscheidende Wort der Liebe des Vaters in seinem [57] „wortlosen“ Sterben und Auferstehen zusprach. Gerade das vierte Evangelium sieht in der gegenseitigen Liebe der Glaubenden ihr Erkennungszeichen für die anderen, in ihrer Einheit das Zeugnis für die Welt (vgl. Joh 13, 35 und 17, 21. 23).