Franz von Baaders philosophischer Gedanke der Schöpfung

Spekulativer Gottesgedanke und Gedanke der Schöpfung

Die dynamischen Proportionen des Geschehens geben dem Denken das Instrumentarium zur Hand, das es benötigt, um seine anfängliche Betroffenheit vom schöpferischen Ereignis zum spekulativen Gedanken der Schöpfung zu artikulieren. Sie sind gewonnen aus der Situation dieses Ereignisses selbst: aus der Situation der Mitteilung. An ihr gilt es auch abzulesen, wie dieses Instrumentarium anzusetzen sei.

Mitteilung schwingt nicht in sich selbst, sie ist „Mitte“, Durchgang eines sich eröffnenden Ursprungs in sein vernehmendes Anderes. Ihr eigentlich Mitgeteiltes ist der Ursprung selbst, der jedoch als sich mitteilend der Mitteilung voraus schon sich gehört. Deshalb hat die Mitteilung, hat jede freie Tat – und jede freie Tat ist Mitteilung1 – ihren Begriff nicht in sich, sondern sich voraus im Ursprung. Mitteilung verstehen heißt durch sie hindurch den mitteilenden Ursprung und sodann von ihm aus die Mitteilung „in sich“ verstehen. Ich werde unmittelbar inne: du sprichst! Von dir aus eröffnet sich dein Sprechen und das, was du sprichst, und doch gibt erst dein „gesprochenes“ Sprechen dich an mich durch. Wo den Vernehmenden als erstes das Gesprochene bzw. das Sprechen als in sich geschlossener Ablauf berührt, liegt dem Sinn des vernehmenden Vollzuges nach nicht eigentlich Mitteilung eines selbstseienden Ursprungs vor, sondern Hinwendung auf die Sache oder den Vorgang des Sprechens; du bist dabei nicht als du, nicht als Ursprung, sondern als vermittelndes Moment im Spiel.

Wenn nun Baader Schöpfung als die Selbstkonstitution des Absoluten verstände, so wäre sie in sich selbst und allein verstehbar; als freie Mitteilung aber setzt sie die in sich vollendete Ursprünglichkeit Gottes bereits voraus: „Wäre Gott nur seiend oder an sich und nicht auch zugleich für sich daseiend, abgesehen von allen seinen emanenten Hervorbringungen, so wäre er nicht.“2 Daher beginnt der Gedanke der Schöpfung mit Gottes An- und Fürsichsein , insofern also vor der Schöpfung. Der Begriff der Schöpfung fällt in Gott und nicht in sie selbst.


  1. Vgl. RPh 25 I 220. ↩︎

  2. SpD 2,16 VIII 273. ↩︎