Das Wort für uns
Spiritualität christlichen Weltdienstes
Wo immer Christen sich einlassen auf die Welt – und dies dürfen sie sich nicht ersparen –, werden sie die Geschichte erfahren vom Kommen des Reiches durchs Kreuz und im Geist. Immer werden die Christen dort sein, wo die Sehnsucht des Menschen ist, die Sehnsucht, die Fremde zu überwinden in die Heimat, den Verfall der Zeit in die Zukunft ohne Grenzen. Christen werden aber kritisch sein gegen alle Verheißungen und Versuchungen, als ob es den [135] Menschen aus eigener Kraft gelingen könnte, die Welt zu vollenden und die Zukunft zu machen. Exodus, Auszug aus dem Selbstverfügen und Selberkönnen ins Geschehenlassen und Beschenktwerden, Umkehr aus der eigenen Mächtigkeit und Beliebigkeit in den konkreten Gehorsam gegen den Gott, der die Welt geschaffen hat, ist ihr Anteil.
In solchem Exodus und in solcher Umkehr geschieht aber das Zeugnis einer Freiheit, in welcher sich mehr von der Fülle der Welt, mehr von ihrer Köstlichkeit und Diesseitigkeit erschließt als dort, wo der Mensch sich und sein Diesseits absolut setzt.
Das Loslassen und Gehorchen, das Gewährenlassen und Sichbeschenkenlassen zeigen die Grundgestalt der Hoffnung, einer Hoffnung, die nicht schon „besitzt“, und der doch im Erhoffen das schon sich anfänglich schenkt, worauf die Hoffnung zielt. Es gibt kein endgültiges irdisches Paradies, keines ohne das Kreuz, ohne den Abschied und das Je-Weiter. Und doch fängt die Zukunft Gottes nicht erst morgen an. Christen lassen die Erde nicht als Tränental verkümmern, sondern bringen in sie das Hundertfache [136] ein, welches Gott jenen verheißen hat, schon jetzt, die sich aufs Evangelium einlassen (vgl. Mk 10,30).
Zeichen der Hoffnung sind die Christen und setzen die Christen aber nur, weil sie und sofern sie Zeichen der Liebe sind. Der Liebe, die nicht recht haben will, die sich solidarisch macht mit allem Dunklen und Schweren, was es auf Erden gibt, ohne sich in die dumpfe Trauer einzugraben. Liebe nimmt alles an, aber indem sie zugleich alles verwandelt. Sie stiftet jenes, was von Anfang an das Werk des Geistes ist: die Gemeinschaft. Sie schafft neue Welt; denn sie läßt schon jetzt, in der je weitergehenden und zu Ende gehenden Zeit die grenzenlose Zeit Gottes im Füreinander und Miteinander Gegenwart werden. Und sie erschließt aus der Isolation, aus dem Null und Nicht der äußersten Aporie des Kreuzes für alle den offenen Raum der Begegnung und der Versöhnung.
So macht sie das Wort hörbar, in dem alles geschaffen und erlöst ist. Indem dieses Wort liebend von uns einander zugesagt wird, wird es hineingesagt in die Welt, Wort für die Welt, das ihr das Leben verheißt, ja schenkt.