Dienst aus dem Glauben – Dienst in der Kirche
Struktur von Sendung
Wie tritt der Mensch in solche Sendung ein? Das Modell dafür zeigt uns die Perikope vom [18] reichen Fischfang (Lk 5,1-11). Ein Mensch wird in einer konkreten Erfahrung seines alltäglichen Lebens hin¬eingestellt in seine Grundsituation, nichts zu sein, nichts zu haben. Er „wiederholt“ im nachhinein, was er im vorhinein schon ist; Simon hat die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen. Aber zugleich wiederholt ins Nichts des Menschen Gott sein schöpferisches Sei, indem der Herr den Simon auf die hohe See hinausfahren und die Netze auswerfen heißt. Dieses Sei wirkt aber nicht „automatisch“; sondern es wendet sich an die Freiheit des Simon. Er muß sich dem Geheiß des Herrn anvertrauen, das schöpferische Wort wird zum Imperativ an seinen Glauben: Auf dein Wort hin will ich die Netze auswerfen. Simon muß sozusagen die Stoßrichtung des göttlichen Wortes, das in sein eigenes Nichts hineinzielt, mitvollziehen, er muß von sich selber weggehen, muß dorthin gehen, wo sich ihm erwiesenermaßen doch gerade die eigene Ohnmacht, das eigene Nichts zeigt; das Wunder wird ihm nicht „fertig serviert“. Ohne daß es aufhört, die überraschende und alleinige Tat, das unberechenbare und unverfügbare Geschenk Gottes zu sein, muß die Freiheit des Menschen dieses Wunder „mittun“: Simon muß sein eigenes Nichts an den Herrn verschenken, der ihm die Erfüllung schenkt. Jetzt aber wird gerade die Spannung offenbar, die solche Gemeinschaft des menschlichen Nichts mit dem göttlichen Alles bedeutet. Simon erkennt, daß er es mit der Macht und Herrlichkeit Gottes zu tun hat, vor der er nichts ist. Die Situation tritt in ihr eigenes Licht. Simon ruft aus: Herr, geh weg von mir, ich bin ein sündiger Mensch. Da der Mensch von sich her dem nicht gewachsen ist, was ihm von Gott her widerfährt, muß der Herr seinen schöpferischen Imperativ nochmals wiederholen, muß er von sich her bestätigen und befestigen, was er eröffnet hat. Sein Imperativ heißt jetzt: Fürchte dich nicht! Und aus diesem Imperativ springt die Wiederholung des Wunders und des Glaubens in die Sendung und ins Gesendetwerden: Von nun an sollst du Menschenfischer sein. Und noch einmal wiederholt der Mensch sein eigenes Nichts, um es zum Raum zu machen für das göttliche Alles, das er verschenken soll: Sie verließen alles und folgten ihm nach. Der Weg dieser Sendung bleibt „Weg hinaus“, Weg ins Nichts, ins Draußen menschlicher Erfahrung, die durch das Zeugnis des Glaubens, die durch das weitergehende Angebot und den weitergehenden Anspruch des göttlichen Wortes hineinbezogen werden soll in die allumfassende Communio mit dem göttlichen Ursprung. Die Begegnung im Innersten und Eigensten mit dem Geschenk Gottes wird zur Begegnung mit seinem sendenden Geheiß und sie führt so in den Weg, der zu anderen hingeht, andere hineinzieht in das Netz, das der Herr ins Meer der Menschheitsgeschichte auswirft. Wo Glaube in seine innere Konsequenz gerät, da bleibt ihm dieser Umschlag nicht erspart: Glaube führt, auf vielfältige Weise zwar, wesenhaft zur Sendung, Sendung aber führt in die Gemeinschaft nicht nur mit dem Herrn, sondern in die Gemeinschaft mit den anderen. Was soll der Aufweis des sich in vielfältigen Stufen wiederholenden Spiels zwischen der Erfahrung des Nichts, dem Verschenken des Nichts und dem Empfang des göttlichen Alles, das, von Gott geschenkt, den Menschen hineinnimmt in die Bewegung göttlichen Sich-Schenkens? Für den Menschen ergibt sich eine Stufenfolge von Erfahrungen, die er auf dem Weg zum Glauben und vom Glauben zur Sendung bestehen muß: Ich muß mich meinem eigenen Nichts konfrontieren lassen – ich muß mich dem Wort konfrontieren las¬sen, das mich über mein eigenes Nichts hinaus, aber gerade darum in mein eigenes Nichts hineinweist: ich muß das Wort göttlicher Verheißung mittun, ohne daß meine Erfahrung schon seinen „Erfolg“ deckt – ich muß die Spannung aushalten, daß Gott mir das schenkt und zumutet, was zu „groß“ ist für mich, der ich nichts bin – ich muß das, was [19] zu groß ist für mich, Gott zutrauen und nicht mir und finde daraus den Mut, mich und Gott in mir zu verschenken.