Der dritte Weg im kirchlichen Dienst

Umfassende Gemeinschaft im Tun

Natürlich sind kirchliche Institutionen in vielerlei Hinsicht Betrieben anderer Art vergleichbar. Es gehört zu ihnen, rationell, effektiv, in funktionaler Aufgliederung ihr Werk zu tun. Jene, die in ihnen arbeiten, haben ein legitimes Interesse an einer ihnen entsprechenden Arbeit und Stellung, Anspruch auf deren gerechte Entlohnung und auf soziale Sicherheit. Der Berechtigungsgrund für diese kirchlichen Institutionen ist freilich das Zeugnis, das durch ihren Dienst gegeben werden soll. Dieses Zeugnis ist nicht nur Sache des einzelnen oder auch vieler Christen, die hier mitarbeiten; in einer Institution, die von der Kirche getragen wird, ist das Zeugnis der Institution gefordert – und somit ein gemeinschaftliches Zeugnis. Voraussetzung zur Mitarbeit ist es, diesen Zeugnischarakter anzunehmen und mitzutragen. Er muß das Wirken der Institution insgesamt bestimmen, und dieser eine, an die Person eines jeden Mitwirkenden gerichtete Anspruch fügt alle in eine spezifische Gemeinsamkeit zusammen. Dies bedeutet weder eine Egalisierung aller Funktionen noch eine Ideologisierung des pragmatischen Tuns. Ebensowenig kann dieser Anspruch allein von seiten der Institutionen den Mitarbeitern gegenüber geltend gemacht werden; es ist ein Anspruch auch an die Institution selbst und ihre Träger im Blick auf die Mitarbeiter. Wohl aber sind infolge dieses gemeinsamen Anspruchs, unter dem alle stehen, die Sachgesetzlichkeiten plus die legitimen Interessen der Beteiligten nicht schon die ganze Grundlage für das Organisations- und Gliederungsprinzip, für die Planung und den Vollzug der zu leistenden Arbeit.

In einer vom Zeugnis bestimmten Institution können die sachliche Arbeit und das persönliche Interesse der Beteiligten nicht vom Zeugnis getrennt werden. Daher entspräche eine „Außenbestimmung“ des Zusammenspiels und der Vertretung der Interessen aller Beteiligten nicht der Eigenart kirchlicher Institutionen. Dies erfordert für die „Innenregelung“ freilich die positive Maßnahme an der Zeugnisverpflichtung, auch im Schutz und in der Gewähr der Rechte, Interessen und Kompetenzen der Mitarbeiter.

Beim Zeugnis ist nicht nur das Ergebnis des Tuns, die Effektivität und Qualität der Dienstleistung, sondern auch ihr Wie entscheidend. Es gibt vom Ansatz her keine „unwichtigen“ Dienste oder gar Mitarbeiter. Dienstgemeinschaft als Zeugnisgemeinschaft ist umfassend.

Folgender Gedanke wäre also problematisch: Für das zu erbringende Zeugnis einer Institution sei es gleichgültig, ob diese oder jene dem „Produkt“ nur äußerlich verbundene Arbeit so oder anders getan wird – also erstrecke sich die Dienstgemeinschaft, die durch die Zeugnispflicht konstituiert wird, nur auf eine bestimmte Art von Mitarbeitern, auf jene, die auch ideell an der Konzeption des Ganzen mitbeteiligt sind. Ohne daß das ekklesiologische Modell des einen Geistes in den vielen Gaben, des einen Zeugnisses in den vielen Diensten überzogen werden dürfte, hat es für Institutionen als Kirche und Kirche als Institution doch eine analoge Bedeutung. Gerade die „unscheinbaren“ Dienste dürfen nicht als irrelevant abgetan werden (vgl. zum ganzen 1 Kor12,12–27). Dienstgemeinschaft kann sich nicht im vorhinein auf einen bestimmten Kreis beschränken, wenn auch – gerade im Rückbezug auf das paulinische Bild – Gleichheit aller und Verschiedenheit in den Funktionen und Aufgaben miteinander Hand in Hand gehen.