Verkündigung und Dialog

Verkündigung und Dialog

[63] Gottes Wort fällt vom Himmel – und es wächst aus der Erde.
Es hat keine Kraft als seine eigene – und keinen Mund als den unseren.
Es ist ganz anders als alle anderen Worte – und es ist eines unter den anderen Worten.
Es kommt vor allen anderen Worten – und kommt nach ihnen, weil es sie braucht, um sich selbst uns sagen zu können.
Es läßt sich nur aus sich selbst verstehen – und doch muß, wer es verstehen will, sich und die Welt verstehen.
Es ist der Maßstab – und richtet sich nach uns, um uns zu erreichen.
Es ruft Zeugen, die auf nichts anderes hören als auf dieses Wort – und gerade darum den anderen zuhören, im Gespräch sind mit allen.

Mit anderen Worten: Verkündigung braucht den Dialog, das Denken vom Glauben her braucht das Denken auf den Glauben zu, die Kirche braucht nicht nur das Glaubensbekenntnis, das Lehr- und Hirtenamt und die Dogmatik, die Kirche braucht die Fundamentaltheologie. Sie braucht ein Denken, das die vielfältigen Wirklichkeitserfahrungen des Menschen ernst nimmt, auf ihre Offenheit für die Offenbarung und den Glauben hin befragt und vor die rational verantwortete Entscheidung für den Glauben hinführt. Die Kirche braucht den Mut der fides quaerens intellectum bis hin zu jener Konsequenz, daß so andere Methoden wie jene der modernen Naturwissenschaft ins Gespräch geführt werden mit der Theologie.

Die Kirche braucht die Fundamentaltheologie nun aber nicht für einen von der Kirche ablösbaren, ihr äußeren Zweck, sondern um ihrer eigenen Identität willen. Grunddimensionen kirchlichen Lebens sind missio und communio. Missio meint gewiß zuerst den Sendungsauftrag, Gottes Heil allen nahezubringen, alle zu Jüngern zu machen (vgl. Mt 28,19). Zugleich [64] aber setzt missio noch inwendiger an: Jede Weise von Welterfahrung, alles, was der Mensch denkt und tut, soll immer neu dem Evangelium konfrontiert, in den Kontext des Glaubens gerückt, sozusagen bekehrt werden. Nicht im Sinn einer integralistischen Vereinnahmung, wohl aber im Sinne einer Beanspruchung durch Gottes Wort und für Gottes Wort, das jenes freilich nicht zerbricht, sondern an sich freigibt, was es in seinen Dienst nimmt. Alles, was zum Menschsein und zur menschlichen Erfahrung gehört, soll zugleich eingebracht werden in die communio der Glaubenden miteinander, soll in dieser communio seinen Stellenwert haben. Gerade so wächst die Gestalt von Kirche und Verkündigung, in welcher diese sich verständlich machen und bezeugen nach außen.

Im folgenden soll nun bedacht werden, wie das zur Verkündigung drängende Wort Gottes zugleich zum Dialog drängt, welche Schichten dieser Dialog hat und wie darin die These sich erhärtet und expliziert: Die Kirche braucht die Fundamentaltheologie. Hierbei kann es sich nur um eine programmatische Wegskizze handeln, nicht um ein ausgeführtes Konzept. Art und Stil des dafür beanspruchten Denkens sind von merklich anderer Art als das Denken jenes Mannes, den dieser Versuch ehren und dem er für seinen wichtigen Beitrag zur Fundamentaltheologie und zu ihrer Bedeutsamkeit für die Kirche aufrichtig danken möchte. Aber gerade die Offenheit von Heimo Dolch, in kritischen Fragen an andersgeartetes Denken es in seiner Eigenart zugleich ernst zu nehmen und so es zu befruchten, ermutigt den Verfasser dazu, ihm diesen eigen-artigen Beitrag zu widmen.