Volk Gottes auf dem Weg

Verlust der Vertikalen

Woher kommt das? Der Zugang zu Gott scheint immer schwerer zu werden. In der Natur begegnet der Mensch nicht mehr den Spuren Gottes, er begegnet sich selbst, seiner eigenen Manipulation, den Maßstäben, Modellen, Gesetzen und Zahlenverhältnissen, die er experimentierend, planend, beobachtend und in der Beobachtung bereits verändernd an die Naturgegebenheiten anlegt. Gott, Heiliges, unantastbarer Ursprung, solches registrieren die Meßgeräte und Erwartungen des naturwissenschaftlich-technisch orientierten Menschen nicht Und die Not des menschlichen Daseins? Entweder ist sie gut verstaut im eigenen Wohlstand, oder sie blickt uns nur in den anderen an, in jenen Opfern des Hungers und der Gewalt irgendwo in der Welt, die uns alles eher als ein „Gottesbeweis“ zu sein scheinen. Und schließlich begegnen wir kaum mehr eigener oder fremder Schuld, sondern nur noch Komplexen und Neurosen, psychologisch feststellbaren und behandelbaren Tatbeständen. Und die großen Zeugnisse der Geschichte? Wir trauen ihnen nicht mehr leicht eine endgültige Aussage zu, da sie sich, durch kritisch-historische Methode bloßgestellt, scheinbar in ein Geflecht äußerer Abhängigkeiten und weltbildhafter Bedingtheiten auflösen. Und selbst dort, wo diese Sehweise des modernen Menschen und die Tatbestände, welche diese Sehweise aufdeckt, nicht zur Zerrüttung des Glaubens selber führen, geniert sich der Gläubige, angesichts der Überschau­barkeit und Steuerbarkeit aller natürlichen und technischen Vor­gänge, zu dem Gott bittend seine Zuflucht zu nehmen, den er so nur als Lückenbüßer in sein noch inkomplettes neues Weltbild einzufügen fürchtet.