Volk Gottes auf dem Weg

Viele Dienste und Gaben der einen Liebe

Es gibt keine andere Berufung in der Kirche als die zur Liebe. Gerade deshalb aber gibt es in der Kirche keine Uniformität, sondern die Vielgestalt der Gaben und Aufgaben, in welchen die eine Liebe sich auswirkt, damit diese Kirche in sich eine geordnete Gemeinschaft der Liebe und für die Welt das vernehmliche Zeichen der Liebe sei. Zweifellos gleicht die Liebe jene einander an, die sie sich schenken. Doch die Liebe tut zugleich etwas scheinbar Entgegengesetztes: sie steigert das unverwechselbare, Eigene dessen, der liebt und geliebt wird. Wieso? Die Liebe, die ich zum andern habe, will ihn nicht verzehren und auslöschen, sondern sie erhebt ihn, will ihn als den lieben, der er ist, läßt ihn frei, ja gibt ihn frei an sich selbst. Und die Liebe, die ich schenke, entfaltet erst das, was in mir ist, bringt es erst zum Einsatz, macht es erst sichtbar, vollendet es erst in seine innere Fülle. So gehört zum Wesen der Kirche, daß sie die eine Aussage, „Kirche ist Liebe“, auf vielfältige Weise vollbringt. Jeder in der Kirche hat diese eine Aussage auf die unverwechselbare und eigene Weise zu vollbringen, die gerade seiner Gabe und Aufgabe entspricht.

Im 12. Kapitel des 1. Korintherbriefs spricht Paulus von den vielen Gaben, welche den einen Leib der Kirche aufbauen. Keine ist überflüssig, keine kann auf die andere verzichten, keine aber darf sich auch isolieren, jede ist nur da im Dasein fürs Ganze und im Ganzen. Von der Vielheit dieser Gaben führt der Text aber weiter, hin zu dem einen, um das es in allen diesen Gaben geht, zu dem einen Leben, das an jeder Stelle und in jedem Augenblick das einzige und unteilbare Leben des ganzen Leibes und aller seiner Glieder ist: zur Liebe (1 Kor 13). Ohne sie wäre alles andere, wären auch die höchsten Gaben eitel und leer. Wir können aber auch den umgekehrten Weg gehen, können von dem einen, worauf es ankommt, von der Liebe her in den Blick bekommen, daß diese Liebe konkret sich verwirklichen kann nur in der Vielheit von Gaben und Diensten, in der Vielheit von Gestalten und Ausprägungen, durch welche sich die Liebe von einer toten oder wirren Einheit unterscheidet.