Volk Gottes auf dem Weg

Vielerlei Gründe

Es wäre freilich verkehrt, wenn wir Christen uns deshalb etwas auf uns einbildeten. Die Gründe für ein solches Interesse sind verschiedener Art. Wo sich der Drang nach Neuigkeiten mit dem scheinbar Immobilen verbindet, mit dem Schimmer des Sakral-Geheimnisvollen umgibt, vielleicht noch in der leicht peinlichen Nähe zu dem, was man sonst das Thema Nr. 1 genannt hat, da ist ein solches Interesse weder zu verwundern noch hoch anzuschlagen. Aber das ist beileibe doch nicht alles. Die Frage nach der Kirche, auch die von weit außen, ungebärdig, ungemäß, verzeichnend gestellte, hat tiefere Wurzeln. Es genügt auch nicht, darauf hinzuweisen, daß die bewahrenden und die verändernden Kräfte in unserer Welt Rückhalt und Bundesgenossen suchen und daß von praktischem Nutzen erscheint, hierfür die moralische Ausstrahlungskraft der Kirche zu gewinnen. Die Zukunft des Menschen ist so radikal in die Hände des Menschen gelegt wie noch nie. Bestand oder Untergang, politische, soziale, wirt­schaftliche, wissenschaftliche, biogenetische Entwicklung der Mensch­heit sind Aufgabe und Möglichkeit unserer Generation geworden, die eine solche Macht über sich selbst gewinnt, daß sie vor dieser Macht zittern muß. Doch wo sind die Maßstäbe? Wo die Grenzmarken zwischen Fortschritt und Perversion? Die Verantwortung ist unübersehbar. Solche Verantwortung aber braucht Gemeinschaft, die von einer Hoffnung und von einem Anspruch geprägt ist, welche aus dem inneren Gang der Entwicklung nicht allein herzuleiten sind. Es ist wenigstens des Bedenkens wert, ob nicht hier die tiefsten Gründe dafür liegen, daß die Kirche heute wieder „gefragt“ ist. Auch das engagierte Streiten mit der Kirche und Kritisieren an der Kirche weisen darauf hin. Denn wenn es dabei nicht um die Kirche ginge, um das, was man für ihren wahren Auftrag und ihre wesentliche Gestalt hält, könnte man sie ja ignorieren, links liegen lassen.