Mit eigener Stimme
Vielleicht ein Exempel
Kann man dieses Ganze irgendwo anschauen? Ich selber predige verhältnismäßig oft über die Perikope vom Verlorenen Sohn (Lk 15,11–32). Immer neu sind die Menschen und die menschlichen Situationen für mich in diesem Evangelium drinnen, und wenn ich mich in sie hineinbegebe, stoße ich immer wieder vor in das Wort, das uns hier gesagt ist. Und zugleich habe ich den Eindruck, ich berühre hier besonders deutlich und bewegend die Herzmitte Jesu und seiner Predigt. Doch wohinein stoße ich da vor? Die junge Kirche hat, so dürfen wir vermuten, in diesem Gleichnis sich selbst gefunden in der Spannung ihrer doppelten Herkunft aus Griechentum und Judentum, im Ringen darum, die wahrhaft katholische zu sein, die Gottes Barmherzigkeit den Fernen verkündet und die Nahen doch nicht draußen läßt (vgl. auch Eph 2,11–22). Sie konnte ihre eigene Erfahrung und das ihr Aufgegebene zurückübersetzen in eine Botschaft von Jesus her. Und Jesus selbst hat in diesem Gleichnis vom Verlorenen Sohn sein eigenes Verhalten zu den Sündern, zu den Fernen und seine Einladung an die Nahen unübertrefflich sichtbar gemacht. Aber nicht nur sichtbar gemacht, sondern legitimiert durch den Rückgriff auf das Verhalten des Vaters im Himmel. Die Vaterfigur des Gleichnisses zeichnet ebenso Jesu Verhalten wie das des Vaters selbst, und sie zeichnet den Zusammenfall des Verhaltens der beiden in jener Tiefe, daß darin Jesu eigenes Verhältnis zum Vater, seine Rückübersetzung in ihn einbricht in die Situation seiner Predigt. Jesus erzählt nicht nur vom Vater, der in ihm wirkt, in ihm sich gibt, der Vater wirkt, ist da, geht auf in seinem Sohn und reicht in ihm hinein als der Barmherzige in unser Leben.
Der Weg führt also nicht nur von der Situation der jetzigen Predigt zurück in die der Predigt Jesu, sondern er führt dahin zurück über die Zwischenstufe der Erfahrung der Kirche immer und zumal im Anfang, und er führt von der Ursprungssituation in Jesu Predigt zurück in Jesu Beziehung zum Vater selbst.
Rückübersetzung: Gott sagt uns sein Wort mit eigener Stimme in jener Vielfalt der anderen Stimmen, die so freigegeben sind an sich selbst und hineingenommen in sein Innerstes und Eigenstes.