Was bewegt die Fokolarbewegung?
Was bewegt die Fokolarbewegung?
Die Frage, was die Fokolarbewegung bewege, ist sprachlich doppelsinnig. Sucht man den Satz ins Passiv zu übertragen, so wird das offenbar. Ist dies die Frage: Wovon wird die Fokolarbewegung bewegt? Oder ist die Frage das andere: Was wird von der Fokolarbewegung in Bewegung gesetzt? Nicht nur, aber doch besonders im Fall der Fokolarbewegung ist zu antworten, daß der eine Sinn den anderen, der andere Sinn den einen mit einschließt. Zeige mir, wovon du bewegt wirst, und ich verstehe, was du bewegen willst. Zeige mir, was du bewegst, und ich entdecke, was dich bewegt.
Generell läßt sich sagen, daß heute offenkundig zu den bewegenden Kräften in der Kirche die sogenannten neuen geistlichen Bewegungen gehören. Woher brechen sie auf, was bricht in ihnen auf? Was bringen sie in der Kirche und vielleicht über sie hinaus in Bewegung? Es geht hier nicht allein und zuerst um das Anlegen quantitativer Meßlatten an ihre Effizienz und nicht einmal bloß um die Bemessung der Orthodoxie und Orthopraxie in Theorie und Leben der Bewegungen, sondern darum, dem auf die Spur zu kommen, was in ihnen der Geist den Gemeinden sagt oder nicht sagt (vgl. Offb 2,7 und die Schlußverse der folgenden Gemeindebriefe bis 3,22; vgl. auch die „Kriterien der Kirchlichkeit für die Zusammenschlüsse von Laien“ in „Christifideles Laici“ Nr. 30). Eine Reduktion der unterschiedlichen Gemeinschaften und Bewegungen auf einen generellen Typ wäre fatal und widerspräche gerade dem, was sowohl in den Ursprüngen des Christentums und der Kirche wie in der Epoche der großen Ordensgründungen und sehr ähnlich heute in der Kirche im Gange ist: Einheit des Geistes in der Vielfalt der Gaben. Dazu bekennt sich dezidiert auch die Fokolarbewegung. Doch ihr „Spezifisches“ liegt gerade darin, der Einheit in dieser Vielfalt dienen zu wollen, Einheit in dieser Vielfalt sich entfalten zu sehen, dem „Omnes unum“ sich selbst und viele zu öffnen.
Im folgenden geht es nun nicht um eine Kurzdarstellung der Geschichte, der Verbreitung der Ausformungen und der Spiritualität der Fokolarbewegung – hierzu sei auf authentische und hilfreiche Materialien verwiesen.1 Vielmehr soll hier der Versuch unternommen werden, die bewegenden Kräfte dieser Bewegung zu skizzie- [350] ren, die „Bewegungsart“ in den Blick zu bekommen, die das Unterscheidende oder besser das Kennzeichnende der Fokolarbewegung ausmacht, und schließlich die Frage zu stellen, was durch solche „Bewegung“ in die Kirche als ganze eingebracht, wie Kirche durch solche Bewegung selbst bewegt werde. Es wäre möglich, die einzelnen Punkte dieser umrißhaften Darstellung breit durch Materialien und Erfahrungen zu belegen; dies sprengte aber den Rahmen unseres Beitrages. Die angegebene einleitende Literatur gibt hier wichtige Verweise.
Die Fokolarbewegung: was für eine Bewegung ist das?
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„Die Fokolarbewegung. Entstehung — geistliche Grundlinien — Initiativen“. München: Neue Stadt 1987. Preis zum Augsburger Friedensfest 1988 an Chiara Lubich. neue stadt-dokumentation 1 (bes. die Beiträge von Landesbischof DDr. Hanselmann und Chiara Lubich); Chiara Lubich/E Zambonini. „L’avventura dell’unità“. Intervista di Franca Zambonini. Cinisello Balsamo/Milano: Edizioni Paoline 1991 (erscheint im Spätjahr 1991 in Deutsch im Verlag Neue Stadt, München). ↩︎