Christus nachgehen

„Weg“ als genuin theologischer Ansatz

Die Apostelgeschichte selbst kennt als einen der ursprünglichsten Namen des christlichen Glaubens den Namen „der Weg“ (vgl. Apg 9,2; 19,9.23; 22,4; 24,14.22; auch 1 Kor 12,31b). Nach dem Johannesevangelium bezeichnet sich Jesus selbst als den Weg (vgl. Joh 14,4–6). Doch auch abgesehen von diesen Stellen drängt sich uns folgende Beobachtung auf: Die Offenbarung und Erlösung, die Gott in Jesus Christus wirkt, hat den Charakter eines Weges. Gott, der je Größere, Entzogene, naht sich dem Menschen, [34] ja nimmt den Menschen an und teilt sich ihm in der Hingabe seines Sohnes mit. In Jesus kommt Gott nicht nur auf den Menschen zu, sondern er geht mit dem Menschen, er geht den Weg des Menschen als seinen eigenen Weg. Jesu Weg ist Weg Gottes und Weg des Menschen in einem. Und so wird dem Menschen der Weg über sich hinaus, der Weg zu Gott wieder eröffnet – und zugleich mit dem Weg zu Gott im selben Geist, in dem Jesus zu uns gekommen ist, der Weg in die Welt, der Weg der Zeugenschaft. Dieser Weg Gottes in Jesus, der den Weg des Menschen aufnimmt und umwendet, ist vorbereitet und eingebettet im Weg der göttlichen Oikonomia, jener umfassenden Heilsgeschichte, die in Jesus Christus ihre Mitte hat und die von ihm aus die Menschheitsgeschichte insgesamt umfaßt. Aber mehr noch: Die Menschheitsgeschichte ist nicht nur Weg, der auf Jesus zuführt und von ihm ausgeht. Nein, Jesus selber ist der Weg. Ungetrennt und unvermischt verbindet er Göttliches und Menschliches, er teilt das Göttliche uns mit und nimmt das Menschliche in sich, in Gott auf. Und noch einmal mehr: Gott selbst ist nicht nur nach außen, ad extra, der Gott des Weges. In sich selbst glauben wir Gott als den, der lebendige Beziehung, lebendiges Zueinander von Vater, Sohn und Heiligem Geist ist.

Schauen wir noch einmal einen Augenblick auf das zurück, was wir an der Situation des Glaubens [35] heute beobachtet haben. Transzendenz, die sich in Nähe, und Nähe, die sich in Transzendenz vermittelt – exklusive Absolutheit, die universale Weite verleiht, und universale Weite, die aus dem Ja zum absoluten Anspruch Gottes erwächst – Institution, die sich in gelebter Gemeinschaft beglaubigt, und gelebte Gemeinschaft, die sich an die Institution zurückbindet – derselbe Herr als die Herkunft und die Zukunft des Glaubens und so seine lebendige Gegenwart – Kreuz, das den Menschen zur Passion und aus der Passion zur höchsten Aktion befähigt, Kreuz Christi, in dem alles Kreuz der Menschheit ausgelitten ist und in dem wir zur Liebe motiviert sind, die das Kreuz auszuhalten und zu wenden sucht – Kirche als unverfügbares, über alles menschliche Versagen hinaus endgültiges Heilszeichen, das doch danach drängt, in unserem Zeugnis beglaubigt zu werden: Aus diesen Momenten, die jeweils ineinander spielen und die sich gegenseitig umgreifen, ließe sich das Geflecht einer umfassenden Theologie entwickeln. Es wäre eine Theologie, die zugleich die Ansätze unserer Situation in sich trüge und den Wegen pastoralen Handelns die Richtung wiese.

Es kann hier nicht um den Entwurf einer solchen Theologie gehen. Wohl aber darum, im Blick auf die spezifischen Nöte und Notwendigkeiten der jungen Generation heute ihren Ansatz zu skizzieren.