Was fängt die Jugend mit der Kirche an? Was fängt die Kirche mit der Jugend an?
Weg
Weil Gottes Offenbarung nicht nur eine Mitteilung von Wahrheiten und Gnaden ist, sondern weil solche Mitteilung im Kommen Gottes zu uns, im Gehen Gottes mit uns, im Teilen unseres Lebens und Hineinnehmen unseres Lebens in das Seine geschieht, deshalb ist Weg nicht Methode, sondern Inhalt der Offenbarung. Und in diesem Weg Gottes und mit Gott teilt sich uns zugleich das Innerste Gottes selber mit, schließt es sich selber uns auf: dreifaltige Beziehung, dreifaltiges Zueinander. Genau aus diesem Grund ist die Traditio, ist die Zukehrung des Herzens der Väter zu den Söhnen und des Herzens der Söhne zu den Vätern eben mehr als methodischer Anhang, es ist die Sache des Glaubens und der Kirche. Dann aber geht Jugendpastoral nur als [317] Weggeschehen und Weggemeinschaft. Weg meint dabei alles eher als die „Ratenzahlung“ zerstückten Glaubens oder zerstückter Nachfolge. Gerade aber in der Distanz zwischen unmittelbarer Erfahrung der jungen Generation und überkommener Botschaft wird solcher Wegcharakter von Glaube und Kirche entscheidend. Wegweisung gehört unablöslich hinzu, wir sprachen davon. Aber eben auch gemeinsames Suchen danach, wie dieser Weg dort ansetzt und von dort weiterführt, wo Erfahrung und Verständnis der jungen Menschen einsetzt.
Man gebraucht hier oft das Wort Experiment. Könnte es nicht doch auf eine falsche Fährte führen? Könnte es nicht zu tief verwurzelt sein in jener technischen Zivilisation, die aufgenommen und ernst genommen werden muß, über die aber der Weg der Geschichte deutlich hinausführt? Christsein und Menschsein gehen nicht „auf Probe“ (vgl. Johannes Paul II.). Weg ist verbindlich, Weg lebt unter der Voraussetzung, daß das Ziel drängt und so der Schritt nicht beliebig wiederholt werden kann.
Gibt es eine konkrete Gestalt, wie solcher Wegcharakter des Christseins im Übergang der Generationen den dreifachen Vorrang des „Alten“, des „Neuen“ und des „Einen“ zugleich aufgreift? Es muß da auch an die großen je geschichtlichen Charismen im Leben der Kirche erinnert werden, aus denen neue Weggemeinschaften der Nachfolge, neue Bewegungen und geistliche Aufbrüche entstanden sind. Es ist nicht zu übersehen, daß für eine Annäherung der Jugend zur Kirche solche geistlichen Gemeinschaften, die sich auf ein Charisma der Nachfolge gründen, von höchstem Belang geworden sind. Man mag einwenden, daß sich da doch nur wieder die Frommen anschlössen, daß viele, die draußenstehen, gerade dazu keinen Zugang fänden. Es wäre in der Tat eine Engführung, wollte die Kirche sich in ihrer Jugendpastoral darauf beschränken, auf geistliche Gemeinschaften hinzuweisen und sie zu fördern. Und doch darf es auffallen, daß es einfach nicht wahr ist, wenn man sagt, nur Insider machten da mit. Recht unmittelbar und radikal gelebtes Christentum überzeugt mehr und integriert auch mehr von den oft so befremdlichen und anderen Erfahrungen des Menschseins heute. Und auch dort, wo es um leises Zuhören und stilles Weggeleit, um Ertasten von ersten Annäherungen und Verstehen von fremd klingenden „Glossolalien“ geht, können die großen und überzeugenden Erfahrungen mit dem Evangelium dazu Kraft, Mut und Verstehenshilfen anbieten. Gemeinden, Verbände, Gruppen, offene Jugendarbeit können aus solchen Erfahrungen lernen, bei ihnen anknüpfen. Wer die Stimmen des Geistes in der Kirche versteht, der wird auch leichter die Stimmen des menschlichen Herzens verstehen. Wer mit dem Herrn und seinem Wort vertraut ist, der kann auch für den jungen Samuel der deutende Eli sein |(vgl. 1 Sam 3,1–18)|. Das Evangelium von innen kennen und das Herz des jungen Menschen von innen kennen – das braucht es, wenn Elija heute die Herzen der Väter den Kindern und die der Kinder den Vätern zuwenden soll.