Die Bewegung der Focolarini und die Priester
Weltpriester und Focolare
Die Situation der Weltpriester, die – meist ohne vita communis – den Dienst der Seelsorge in den Diözesen versehen, macht ihren Zusammenhalt im Geist der Einheit besonders notwendig. Ohne ihn erliegen sie nur zu leicht der Gefahr, menschlich isoliert, zugleich geistlich zu verarmen und in ihrem Wirken wie in ihrem religiösen Leben einseitig zu werden. Das dauernde Handeln- und Entscheidenmüssen droht, sie selbstherrlich und selbstsicher zu machen, wenn sie sich dabei nicht auf jene mitbrüderliche Einheit stützen können, welche die Innenbezirke priesterlichen Daseins nicht aus-, sondern einschließt. Die Aktion, die nicht aus der Einheit und aus dem Ja zur Arbeit des anderen wächst, [182] bringt Kraftverschleiß, Nervosität und Mutlosigkeit mit sich. Gerade unsere Welt, in der alle Strukturen miteinander verflochten sind, erfordert schon von außen her die den einzelnen übergreifende Einheit in der Arbeit. Entscheidend aber ist, mehr denn je, daß Jesus selbst der eigentlich Planende, Handelnde und Sorgende sei, und das ist er dort, wo das Einssein der Priester in seinem Namen ihn in ihre Mitte ruft.
Gemeinschaft der Priester im Geist der Focolare ist so nicht bloße Aktionsgemeinschaft, in der miteinander geplant und organisiert wird – dies sicherlich auch –, und auch nicht bloße Gemeinschaft in einem besonderen Ideal individueller Aszetik. Ihre Seele ist vielmehr das Streben nach jener vorbehaltlosen Einheit, die Jesus beständig als Mitte gegenwärtig hält. Keiner darf hängen an eigenem Besitz; gegenseitige Sorge ist selbstverständlich, was des einen ist, steht auch dem anderen zur Verfügung. Keiner darf hängen aber auch am geistigen Besitz seiner Erfolge, Vorzüge oder Erfahrungen. Die geistlichen Erkenntnisse, die Fortschritte und auch die inneren und äußeren Nöte sind, freilich in zarter Rücksicht aufeinander und Ehrfurcht voreinander, Gemeingut. Um die Arbeit, aber auch um die Seele des einen trägt der andere dieselbe Sorge wie um seine eigene. Alles, was der einzelne unternimmt, soll, soweit wie möglich, von allen mitgewußt und mitgetragen werden. Sondert einer sich etwa in einem Punkt von der Einheit ab, so wird er das Alleinstehen kaum ertragen und zurückkehren. Alle bleiben offen und gehen ihm entgegen, um ihn sofort in eine innigere Einheit aufzunehmen, als sie zuvor bestand. Es gilt, radikal Ernst zu machen mit der Mahnung des Apostels: „Einer trage des anderen Last“ (Gal 6,2).
Solcher Zusammenhalt verschließt nicht, sondern er öffnet und ist offen für jeden. Denn in jedem, und zumal in jedem Mitbruder, begegnet derselbe Herr, der in der Mitte der Einheit wohnt. Der einzelne ist gehalten, an seiner Stelle bereitwillig auf die Weisungen seines geistlichen Vorgesetzten einzugehen. So stützt er die strukturelle Einheit der Kirche und bereitet auch hier die Wege zur gegenseitigen Einheit in der Liebe.
Dieses Zielbild der Priestergemeinschaft muß in der Verwirklichung freilich ständig wachsen und täglich neu errungen werden. Die Pforte dazu ist allein der gekreuzigte Herr.