Das Konzept der Gemeinsamen Synode

Wie kam es zur Planung der gemeinsamen Synode?

Spätestens auf dem Katholikentag in Essen 1968 wurde der Ruf nach einer großen gemeinsamen Bemühung aller deutschen Bistümer nach Art einer großen Synode oder eines Pastoralkonzils in der breiten Öffentlichkeit laut. Verschiedene Initiativen, besonders aus dem Bereich der Jugend, nahmen sich dieser Sache mit Nachdruck an. Unmittelbar nach dem Essener Katholikentag wurde bereits ein Gespräch zwischen Bischofskonferenz und Zentralkomitee vereinbart. Die entscheidende Zusammenkunft fand Anfang November im Essener Priesterseminar statt und führte zur Bildung einer Studiengruppe, die durch die Pastoralkommission und die Kommission für Laienfragen der Deutschen Bischofskonferenz und das Präsidium des Zentralkomitees der deutschen Katholiken besetzt wurde. Aufgabe dieser Studiengruppe war es, die pastorale Situation nach dem Essener Katholikentag in der Bundesrepublik zu untersuchen und Vorschläge zu unterbreiten, was an gemeinsamer Bemühung geschehen solle. Schon der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz 1969 in Honnef lag die Empfehlung der Studiengruppe vor, eine gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik einzuberufen. Die Bischofskonferenz entsprach dieser Anregung und beauftragte dieselbe Studiengruppe, bis zum Herbst Vorlagen zu Struktur und Thematik der Synode zu erarbeiten. Für den Beginn der Synode war das Jahr 1972 vorgesehen, da eine breite, tiefe und allgemeine Vorbereitung erforderlich schien. Nachdem die Studiengruppe im August 1969 ihren Auftrag erfüllt hatte, legte sie das Ergebnis der Bischofskonferenz vor mit der Bitte, es zur öffentlichen Diskussion zu stellen. Zugleich schlug die Studiengruppe vor, die konstituierende Sitzung der Synode schon aufs Spätjahr 1970 oder aufs Frühjahr 1971 vorzuziehen, damit die Synode selbst ihre Sachkommissionen bilden könne, welche die einzelnen Aussagen für die Synode vorbereiten. Anderenfalls hätte eine – naturgemäß nicht durch Wahlen legitimierbare – Vorbereitungskommission diese Arbeit leisten müssen, die Erfahrungen mit dem Konzil zeigen das kaum auf Gegenliebe seitens der Synode gestoßen wäre. Die mit der Verabschiedung des Statuts am 11. November 1969 zugleich durch die Bischöfe konstituierte Vorbereitungskommission hat da die Bischofskonferenz den Vorstellungen der Studiengruppe entsprach also nicht die Funktion einer thematischen Erarbeitung der Aussagen der [16] Synode, sondern sie hat die organisatorischen und gedanklichen Vorarbeiten zu leisten, die es der Vollversammlung der Synode ermöglichen, bei ihrer konstitutiven Sitzung, die nun auf Anfang des Jahres 1971 vorgesehen ist, die Sachkommissionen zu bilden und die Entscheidung darüber zu treffen, welche Gegenstände die Synode behandeln soll. Es sei noch kurz eingegangen auf den Hintergrund für den Wunsch nach einer gemeinsamen Synode unseres Landes und für die konkrete Gestalt, in welcher sie nun geplant ist.

Der Essener Katholikentag machte deutlich, wie dringend ein grundlegendes und tiefreichendes Gespräch aller in der Kirche mit den Bischöfen nottut, und er machte des weiteren deutlich, daß Katholikentage zwar als Äußerung öffentlicher Meinung in der Kirche nötig sind, daß sie aber ihrer Gestalt nach nicht dazu ausreichen, ja nicht dazu geeignet sind, eine mitverantwortliche Beteiligung aller an der Gestaltung des Weges und Lebens der Kirche zu gewährleisten. Aus diesen beiden Impulsen, dem Impuls zum Gespräch mit den Bischöfen und dem Impuls zur verantwortlichen Mitgestaltung kirchlichen Lebens durch alle, welche die Kirche sind, wuchs der Ruf nach einer gemeinsamen Synode, wenn diese auch recht verschieden in den verschiedenen Vorstellungen konzipiert war.

Dem kam eine Notwendigkeit von der anderen Seite entgegen. Das geltende Kirchenrecht schreibt für jedes Bistum im Abstand von jeweils längstens 10 Jahre eine Diözesansynode vor. In der Bundesrepublik war – sieht man von Hildesheim ab – noch in keiner Diözese nach dem Konzil eine Synode dieser Art in Gang gekommen, wohl aber befaßte man sich allenthalben mit Plänen dazu. Nicht nur das holländische Pastoralkonzil, das keine Synode im rechtlichen Sinn darstellt und das daher auch nur beratenden, empfehlenden Charakter den Bischöfen gegenüber hat, sondern auch die „eigentlichen“ Synoden, wie beispielsweise in Salzburg, Wien, Brixen, Dänemark, wichen von den rechtlichen Grundsätzen des Kodex dadurch ab, daß Laien in erheblichem Maß an ihnen beteiligt waren. Auch in den deutschen Diözesen legte es sich so nahe, das Modell der Diözesansynoden weiterzuentwickeln. Aber eine entscheidende weitere Frage drängte sich auf: Sollte man in der Tat in jeder Diözese dasselbe für sich, getrennt von der anderen Diözese durchführen? Gewiß gibt es Unterschiede zwischen dem Bayerischen Wald und dem Ruhrgebiet. Dennoch gilt: Diözesangrenzen und Lebensgrenzen fallen nicht zusammen, unsere Gesellschaft durchdringt sich immer rascher und weiter gegenseitig, der starke Informationsfluß führt zu einer Gleichzeitigkeit, ja weithin Gleichheit gestellter Fragen und Probleme. Auf der anderen Seite sind die Fragen und Probleme, die sich in der Entwicklung unserer Gesellschaft und in der Situation des Glaubens und der Kirche heute stellen, aber auch so anspruchsvoll, daß es bedauerlich wäre, wollte man auf sie nur mit den in jeder Diözese vereinzelt verfügbaren Kräften zu antworten versuchen. Konzentration der Fragen, Konzentration der gesellschaftlichen Prozesse und Konzentration der Arbeit zur Lösung dieser Fragen, ja Notwendigkeit weithin gemeinsamer Lösungen – dies alles führte zum Gedanken der gemeinsamen Synode.

Warum aber Synode? Warum nicht ein unverbindlicheres, in der Form freieres Gremium gemeinsamer pastoraler Beratung und Planung? Diese Frage wurde von sehr vorsichtigen und von sehr drängenden Kräften immer wieder gestellt. Von den vorsichtigen: man hatte Sorge, eine Beteiligung aller an der Erarbeitung verbindlicher Lösungen könne einen solchen Ruck, ja Rutsch der Entwicklung bedingen, daß hier Wesentliches bedroht würde. Von den drängenden: in einem nicht rechtlich geregelten Rahmen könnte ein viel stärkerer Druck der faktischen Meinung erzeugt werden, dem dann auch die Leitung der Kirche sich nur schwer widersetzen könnte. Gerade derlei Bedenken von verschiedenen Seiten wiesen die Studiengruppe darauf hin, daß hier wohl die für unsere großräumigen Verhältnisse in der Bundesrepublik richtige Lösung in einer gemeinsamen Synode liege: die Beteiligung aller hat ihren denkbar großen Raum; diese Beteiligung geschieht aber nicht durch ungefähren Druck, sondern durch verantwortliche Mitarbeit. Dies kann freilich nur geschehen, wenn die Synode kein punktuelles Ereignis und kein punktuelles Gremium ist, sondern wenn sie sich möglichst vielfältig und lebendig verklammert mit allen, die Kirche sind, und allem, was Kirche ist und wo Kirche lebt in unserem Land.

Einen solchen „Umschlag“ dessen, was überall und vielfältig lebt und geschieht, in die verfaßte Synode hinein sollen ja nicht zuletzt auch die diözesanen Synodalbüros dienen, die nun überall errichtet sind.