Gerettetes Wort – rettendes Wort
Wort, das das Herz trifft*
Der Prophet ist einer, der nicht nur sich und seine Meinung, sondern auch die Sache und ihre Wahrheit, der aber zugleich ein Drittes aufdeckt: den Adressaten, das Herz dessen, den er anspricht. Gerade darum geht es ja in unserem Paulustext. Indem Gott aufgeht, geht das Herz des Menschen auf im prophetischen Wort. Ist es nun nicht ungemein problematisch, auch hier eine Analogie zum menschlichen Wort überhaupt zu wagen? Verzichtet nicht vom methodischen Ansatz her unser bloß objektiv-wissenschaftliches Reden auf den Anspruch, das Herz, die Existenz des Angesprochenen mit im Blick zu haben? Doch auch in diesem wissenschaftlichen Sprechen ist die Subjektivität überhaupt, das Verstehen überhaupt, die Verfassung des Hörers, Lesers, Beobachters überhaupt mit drinnen. Das Wort hat notwendigerweise immer den in sich, den es anspricht. Darin aber bekundet sich eine elementare Stoßrichtung des Wortes, von welcher freilich das wissenschaftliche Wort oder die bloße Information etwa abstrahiert: Das Wort will treffen, das Wort will bewegen, das Wort will als Wort an den anderen auch Wort des anderen in diesem tieferen Sinn sein, daß er selbst sich darin auslegen und verstehen kann.
Angesichts einer Sprache, die generell das Modell von objektiviert-wissenschaftlicher oder bloß informativer Sprache an sich hat, verselbständigt sich aber dieser Aspekt: es gibt außer den Mitteilungsworten die „bloß“ affektiven, die „bloß“ wirksamen, mit einer nicht mehr reflektierten und verantworteten psychischen Wirkmacht zum Konsum angebotenen Worte. Das generell abgespaltene Affektive gewinnt eine ungeheuerliche Selbstmacht, deckt nicht mehr den Menschen auf, sondern manipuliert ihn.