Trinität und Zeit
Zeit und Trinität, Trinität und Zeit
Wir können weder biblisch noch spekulativ die neue, erlöste Zeit zur Sprache bringen, ohne Trinität zur Sprache zu bringen. Dies ist die neue Zeit: daß wir hineingenommen sind in die Beziehung des Sohnes zum Vater im Geist. Darin ist freilich bereits ein inneres Verhältnis zwischen der ökonomischen, der sich in der Heilsgeschichte, also in der Zeitlichkeit offenbarenden, hier handelnden Trinität und der immanenten, der Trinität in sich ausgesagt. Das Heilshandeln des dreifaltigen Gottes mündet in die Hineinnahme unseres Lebens in die Beziehung des Sohnes zum Vater im Geist. Damit aber haben wir nicht Anteil an etwas von Gott, sondern an ihm, an seinem eigenen Leben. Dies ist es, worin seine Liebe sich vollendet: daß sie frei und unkonstruierbar an sich selbst, an seinem Innersten uns teilgibt. Was in solcher Annahme und Hineinnahme unseres Lebens in das dreifaltige Leben aber geschieht, das ist Hineinnahme unserer zeithaften Konstitution. Diese vollendet sich, wie wir im Ansatz sahen, in solcher Hineinnahme. Sie zeigt darin sich selbst als trinitarische Spur, wir dürfen sagen: als die konstitutive, erste Spur des dreifaltigen Gottes in der Schöpfung; denn nichts ist in dieser Schöpfung früher als eben ihre zeitliche Verfaßtheit. Das ewige In-sich-Vollendetsein, die reine Gegenwart des dreifaltigen Lebens ist in sich selbst ek-statisch, ist Zuge- [360] hen aufeinander ins Zwischen. Zeit „sagt“ in Spur und Verweis, was ihr schlechthin entzogen ist: Trinität.
Dies aber drängt zu einer auch aktuell bedeutsamen Konsequenz. Wir können Zeit, menschliche Geschichtszeit nur dann recht verstehen und gestalten, wenn wir sie „aus der Einheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ her verstehen und gestalten1. Wir sind für unsere geschichtliche Zukunft den Weg gewiesen, von der verfügenden, das Subjekt projizierenden, zur Herrschaft erhebenden, zuletzt aber knechtenden Zeit hinweg umzulernen zur dreifachen Zwischenzeit, in welcher wir als Empfangende frei gestalten und als frei Gestaltende verdanken, damit wir in der Furche des Jetzt auf Zukunft hin pflanzen können, statt uns in dieser Furche totzulaufen.
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Lumen Gentium 4; vgl. Cyprian: De oratione dominica, 23. ↩︎