Hoffnung für uns
Zwischen Kirche und Gesellschaft
Es wäre gewiß nicht falsch, und doch wäre es vorschnell, an dieser Stelle auf die Kirche zu verweisen, auf die Botschaft, die sie zu verkünden und zu vertreten hat.
In der Tat glaubt der Christ daran, daß in Jesus jenes Wort Fleisch wurde, in dem die Welt erschaffen und erlöst ist. Er ist das Wort, das mir mich selber, das mir meine eigene Tiefe und meine Identität schenkt. Er ist zugleich das Wort, das ohne Vergewaltigung das Geheimnis eines jeden Menschen, den Sinn eines jeden Lebens aufschließt. In diesem Wort gibt es darum jene Einheit, die mehr ist als Gemächte und Kompromiß.
[60] Aber erfährt man in der Begegnung mit der Kirche unmittelbar und überzeugend diese Einheit? Es muß zu denken geben, daß die Situation der Kirche und die Situation der Christen in unserer Gesellschaft doch auch ihrerseits sich gar nicht schlecht unter unser Leitmotiv fügen: Zwischen Isolierung und Nivellierung. Die vorbehaltlose, totale Identifikation der Christen mit den Grundsätzen der Kirche ist keineswegs mehr die Regel. Und auch die gesellschaftliche Geltung und Wirkung christlicher Überzeugungen rinnt aus. Christen und Kirche drohen immer mehr ins Abseits der Gesellschaft, in die Isolation zu geraten – oder sie retten ihr Eigenes durch Anpassung, durch Umdeutung, durch Nivellierung.
Doch auch hier griffen Klage oder Schelte zu kurz. Gewiß gibt es Verengung und Rückzug, gewiß nicht minder den betulichen Ausverkauf. Mut zur Unterscheidung und Mut zur Entäußerung sind genuin christlich, und sie können nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Die Eigengestalt des Christlichen und seine Kommunikation mit allem Menschlichen, die Verkündigung der unverwechselbaren Botschaft und der sich selbst verschwendende Dienst aus dem Geist dieser Botschaft gehören zusammen.